Die gestrige Ratssitzung brachte neben dem freudigen Ereignis, dass Wilfried Rieck als viertes Mitglied der FDP Fraktion im Rat vereidigt wurde, die schöne Überraschung mit sich, dass ich Erich Lubina als Finanzausschussvorsitzenden benennen konnte. Wenn man ein bisschen böswillig wäre, könnte man sagen, es ist bezeichnend für die Grundhaltung der anderen Fraktionen, dass der Finanzausschussvorsitz am Ende für uns „übrig“ blieb – wir hatten ja das letzte Zugriffsrecht m.a.W. mussten den Ausschuss nehmen, den sonst keiner wollte.
Ist das Absicht, nach dem Motto die anderen geben das Geld aus und erhöhen die Steuern und Schuld kriegt die FDP? Auf Bundesebene scheint das ja in letzter Zeit recht erfolgreich so zu laufen.
Einziges Reizthema für mich war dann auch folgerichtig die Erneuerung der Straßenbeleuchtung nebst Übertragung auf die Stadtwerke. Was die CDU versucht hat, war durch die Hintertür auf die Anliegerbeiträge zu verzichten, so dass die notwendigen Investitionen von 1,5 Mio über die nächsten fünf Jahre voll in den städtischen Haushalt schlagen würden. 1,5 Mio beträgt übrigens auch das für nächstes Jahr zu erwartende Haushaltsdefizit (ohne Alleinfinanzierung der Lampen). Auf fünf Jahre verteilt reden wir übrigens für die Lampenerneuerung von rund 290.000 Euro per Anno – das wären zum Beispiel über den Daumen zehn Prozentpunkte mehr bei der Grundsteuer – Nochmal: nur für die Lampen!
Meine Frage an die CDU, wo sie meinen, dass das Geld stattdessen herkommen solle blieb vollständig unbeantwortet. Mit dem „Beitragserlass durch die Hintertür“ ist die CDU zwar nicht durchgekommen – dafür ließen die Wortbeiträge der Freie Winsener / CDU „Nicht-Koalition“ haushaltspolitisch wesentlich schlimmeres erwarten.
Ich bin geschockt, dass Freie Winsener und auch Herr Beckedorf den Dauerbrenner „Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung“ gebracht haben, mit dem Hinweis, sie gehen davon aus, dass das noch in diesem Jahr vollzogen werde. Angesichts der Tatsache, dass wir sowieso kein Geld haben, wäre dann womöglich 2011 schon wieder eine Steuererhöhung fällig. Ich halte diesen Trend, den Bürgern kurzfristig Aufwendungen zu ersparen um gut dazustehen – und sich das Geld dann „wegen den schwierigen Haushaltslage“ später von der Allgemeinheit wiederzuholen für brandgefährlich. Bei Beiträgen und Gebühren sieht der Bürger wenigstens wo das Geld bleibt – bei den Steuereinnahmen wird die Verbindung von konkretem kommunalpolitischen Handeln und dadurch verursachten Kosten und den dagegenstehenden Einnahmen verwischt und verschleiert… Augenscheinlich ist aber gerade das ja gewünscht, sonst kann ich mir dieses unverantwortliche Handeln nicht erklären.
Meine Wünsche für unseren neuen Finanzausschussvorsitzenden sind daher auch: Viel Rückgrat, gute Nerven und immer wieder die Verbindung zwischen Ausgaben, Einnahmen und Defizit aufzeigen, damit die Haushaltsmehrheit die „Verantwortung“ mit der sie sich so gern schmücken möchte auch für ihre Ausgabenpolitik übernehmen muss!
Im folgenden in groben Zügen, was ich in der Ratssitzung zum Thema gesagt habe:
Sehr geehrter Herr Vorsitzender, liebe Frau Bürgermeisterin Bode, meine Damen und Herren,
dass wir in den kommenden Jahren immense Anstrengungen unternehmen müssen um den Beleuchtungsbestand auf den neuesten technischen Stand zu bringen – platt gesagt ab 2015 kriegen wir keine Birnen für die alten Lampen mehr – darf ich wohl mittlerweile als bekannt voraussetzen. 2305 Leuchten müssen ausgetauscht werden – das sind insgesamt Kosten von knapp 1,5 Millionen Euro – verteilt auf die Jahre bis 2015 also rund 290 TEUR per anno.
Dass diese Kosten – egal welches Übertragungsmodell wir wählen aus dem städtischen Haushalt beglichen werden müssen, wissen Sie hoffentlich auch alle.
Ursprünglich hatten wir in der FDP Fraktion das „Betreibermodell“ favorisiert – weil wir der Meinung waren, dass man dadurch eine gewisse Steuerersparnis erzielen könnte. In der Bauausschusssitzung März habe ich gelernt, dass die Steuerersparnis im Verhältnis zum bürokratischen Aufwand der Eigentumsübertragung nicht der Rede Wert ist – und im übrigen so wohl die Stadtwerksleitung, als auch die Stadtverwaltung, als auch unsere Beraterfirma das Betriebsführungsmodell favorisieren, so dass wir uns auch in der Fraktion auf das Betriebsführungsmodell verständigt haben.
Umso überraschter war ich zu erfahren, dass die CDU Fraktion, die genau umgekehrt zunächst das Betriebsführungsmodell zu favorisieren schien, im nächsten Bauausschuss dann auf das Betreibermodell umschwenkte.
Ich habe ehrlich gesagt ein bisschen gebraucht, um zu verstehen, wieso – aber Kollege Beckedorf hat das ja grade freundlicherweise erklärt:
Das Betreibermodell laut Vorlage sah vor, dass wir zunächst die Leuchten austauschen, ganz normal über die Strassenausbaubeitragssatzung abrechen und DANN in die Stadtwerke übertragen.
Sie hoffen aber, dass Sie die Beleuchtung husch husch in die Stadtwerke schieben können, damit die Strassenausbaubeitragssatzung keine Anwendung findet und keine Anliegerbeiträge für die anstehenden Erneuerungen anfallen. Wie sie wissen sind wir mittlerweile die einzige Ratsfraktion die immer und glasklar für den Erhalt der Strassenausbaubeitragssatzung eingetreten sind – und ich hatte gehofft der Irrsinn mit der Abschaffung hätte sich mit der angespannten Haushaltslage endlich erledigt. Da kommt jetzt ausgerechnet die CDU, die in der Frage seit bald zwei Jahren rumeiert, und versucht die Satzung hintenrum auszuhebeln!
Dann müssen Sie aber bitte auch gleich heute erklären, woher denn ihrer Meinung nach das Geld kommen soll. Fünf mal 290 TEURO sind ja nun weiss Gott kein Pappenstiel. Sie wollen da mal eben drauf verzichten. Das hat Methode: Im Laufe eines Haushaltsjahres geben Sie mit vollen Händen das Geld aus, bzw. wollen wie in diesem Fall auf Einnahmen einfach so unter der Hand verzichten und zur Haushaltsberatung staunen Sie dann über das Defizit, jammern ein bisschen, um dann grossmütig „Verantwortung“ zu übernehmen, Steuern zu erhöhen und städtische Betriebe zu schröpfen und sich noch über die sogennannte „Verantwortungslosigkeit“ derjenigen zu beschweren, die dieses perfide Spiel nicht mitmachen.
Sie haben mit den Freien Winsenern in diesem Jahr die Steuern erhöht – wollen Sie das – weil es so schön einfach ist und ja nur allen ein bisschen weh tut nächstes Jahr wiederholen? Wahrscheinlich nicht, es ist ja ein Wahljahr – also Tippe ich mal Sie werden anlässlich des Haushaltsdefizites 2011, dass natürlich von Ihnen völlig unverschuldet einfach so gewachsen sein wird, wieder Krokodilstränen weinen und die Schuld bei anderen suchen – wenn Sie besonders dreist sind, schaffen Sie vorher noch dem Wunsch ihres inoffiziellen Koalitionspartners folgend als teures Wahlgeschenk,die Strassenausbaubeitragssatzung ab – am besten noch mit dem herrlichen Berten Argument „Wir nehmen von den Bürgern so viel Steuern ein; da sollten wir sie nicht noch zusätzlich mit den Ausbaubeiträgen belasten“.
Es ist ein Teufelskreis: Sie verzichten auf anderweitige Einnahmen mit der Begründung die Steuern seien ohnehin hoch und erhöhen die Steuern, weil die Einnahmen wegbrechen.
Meine Damen und Herren, was die CDU Fraktion versucht ist – durch die Hintertür und nebenbei – Kosten zu solidarisieren, die momentan zumindest von den Stärkeren getragen werden. Das sei auch noch mal besonders der SPD ins Stammbuch geschrieben: Beiträge nach der Ausbausatzung können nicht über Mietnebenkosten umgelegt werden, Grundsteuern sehr wohl.
Alles was sie mit dem Betreibermodell nach Ihrer Vorstellung erreichen würden, wäre die konkrete Kosten-Nutzenrechnung wieder einmal zu verschleiern und den Bürgern zu suggerieren, sie würden sie vor Kosten bewahren, die Sie sich früher oder später von der Allgemeinheit wiederholen müssen.
Ich gehe nach der Fachausschuss – und VA Empfehlung davon aus, dass wir heute das Betriebsführungsmodell beschliessen, aber es war mir wichtig, auf die Motivation der CDU – und die Konsequenzen daraus hinzuweisen – weil sich das ja nicht so ohne weiteres erschliesst – und ich frage die CDU Fraktion noch einmal: Wo soll Eurer Meinung nach das Geld denn herkommen?
Eine Antwort gab es nicht – es stimmten dann auch alle außer der CDU fürs Betriebsführungsmodell – die Freien Winsener allerdings ausdrücklich mit der Begründung, dass man die Straßenausbaubeitragssatzung ja ohnehin abschaffen werde.
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