Haushalt abgelehnt – meine Erklärung an die FDP Mitglieder

… auf die am Ende aufgeworfene Frage, darf mir natürlich auch jeder Andere seine Meinung sagen….

Liebe Parteifreunde,

es wird momentan von der CDU in Winsen kolportiert, dass der Haushalt der Stadt an eine sog. „Einfach-Dagegen-Koalition“ Koalition „der Verantwortungslosigkeit“ aus SPD, Grünen, AfD und uns gescheitert wäre. Soweit der Eindruck erweckt wird, dass die ablehnenden Fraktionen den Haushalt „einträchtig“ abgelehnt hätten, muss ich dem entschieden entgegen treten: Es gibt keine „Koalition in der Opposition“. Tatsächlich waren sich die ablehnenden Fraktionen alles andere als einig – sonst hätten sie ja mit Mehrheit einen anderen Haushalt beschlossen.

Zustimmung zum Haushalt hatte einzig die CDU nebst „Anhang“ (Waldau/Rieck) signalisiert. Weil sie mit dem Ergebnis der Einzelabstimmungen im Wesentlichen zufrieden war.

Die SPD hatte – aus unserer Sicht – unpraktikable und im Ergebnis mindestens teure Anträge gestellt, die keine Mehrheit gefunden haben und den Haushalt im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, dass die CDU ihren Stiefel durchsetzen wollte und insoweit nicht kompromissbereit gewesen sei.

Die Grünen haben sich vor allem daran gestört, dass die Mittel für die weitere Planung der Ortsumfahrung Luhdorf-Pattensen nicht aus dem Haushalt gestrichen wurden und fanden ihn daher nicht zustimmungsfähig. Der einzige Ratsherr der Linken, die mit den Grünen eine Gruppe bilden, ist vor der Haushaltsabstimmung plötzlich und ohne für mich oder auch nur die Grünen nachvollziehbare Begründung buchstäblich „weggelaufen“ – hat seinen Rucksack geschnappt und die Stadthalle verlassen.

Wir freien Demokraten hatten zunächst große Ausgabenpositionen, die ansonsten eine breite Mehrheit bei den übrigen Fraktionen hatten, abgelehnt. Konkret hatten wir insbesondere vergeblich versucht, neue Stellen in der Verwaltung zu verhindern. Vor dem Hintergrund der prognostizierten galoppierenden Verschuldung (von 6,4 Mio auf 54 Mio in 4 Jahren laut Kämmerer) haben wir konsequenterweise auch den Gesamthaushalt abgelehnt.

Die einzigen, denen man vorwerfen kann, dass sie ohne sachlichen Grund abgelehnt haben, ist die AFD-Fraktion. Zitat Pfreundschuh: „Wir von der AfD haben der CDU angeboten, dem Haushalt zuzustimmen. Das einzige was wir wollten war, dass man sich ergebnisoffen zusammensetzt und über die Probleme von Winsen einmal spricht. Das hat die CDU abgelehnt.“

Daraus folgt objektiv: Da der Linke Ratsherr vor der Haushaltsabstimmung „weggelaufen“ war, hätte der Haushalt so, wie er sich nach den Einzelabstimmungen darstellte, mit den Stimmen von CDU und AfD beschlossen werden können.

Richtig ist, dass die Vereine usw. darunter leiden, dass ohne Haushalt auch keine Zuschüsse fließen können. Das bedauern wir. Richtig erscheint mir aber auch zu sein, dass das allein kein Grund sein darf, einen Haushalt zu beschließen, der den Erwartungen der eigenen Partei und ihrer Wähler an nachhaltige Haushaltspolitik diametral entgegen steht. Die Bewertung der einzelnen Beiträge zu diesem Ergebnis sei jedem selbst überlassen. Zu sagen, wer dem Haushalt zugestimmt hat ist gut und die anderen sind böse, wird der Sache allerdings nicht im Ansatz gerecht.

Erläutert werden muss auch der an unsere Adresse gerichtete Vorwurf der CDU, wir hätten uns in die Haushaltsberatungen nicht eingebracht und „aus Prinzip“ abgelehnt. Tatsächlich steht der von uns verfolgte Ansatz dem aller anderen Ratsfraktionen diametral gegenüber. Während die – die CDU eingeschlossen – mehr oder weniger sinnvolle politische Anträge gestellt haben, die alle mit Kosten verbunden sind, und die wir mit wenigen Ausnahmen – egal aus welcher Richtung sie kamen – abgelehnt haben.

Wir erinnern uns, dass die Haushaltsdiskussion um den 10. September mit dem ersten Anschreiben des Kämmerers, in dem von für Ende 2023 ein Schuldenstand von 64 Millionen prognostiziert worden waren, begonnen hat. Die Fraktion hat dann bereits zu dem Zeitpunkt erstmal unsere Zustimmung für teure Großprojekte auf Eis gelegt und das Gespräch mit dem Ortsverband der FDP gesucht. Allein die Tatsache, dass wir uns insoweit zunächst enthalten und Bedenken bezüglich der Finanzierbarkeit geäußert haben, hat Teile der CDU dazu bewogen uns bereits zu diesem Zeitpunkt massiv anzugreifen, so dass klar erschien, dass wir große Schwierigkeiten bekommen würden mit der CDU einen Sparhaushalt durchzubekommen. Zusätzlich wurden da die im letzten Jahr gemeinsam beschlossenen Positionen klein und schlecht geredet.

Statt uns damit zu befassen, welche FDP-Wünsche, die im Zweifel natürlich Geld gekostet hätten, wir jetzt noch zusätzlich einbringen könnten, war die einhellige Auffassung, dass wir über eine Anfrage zunächst herausfinden, welche möglicherweise noch nicht einbezogenen Einnahmen zu erwarten stehen und dann noch einmal weiter überlegen.  Das haben wir dann getan und einstimmig im Ortsverband befunden, dass wir insbesondere teuren, dem Grunde nach im Haushalt angelegten Posten „Naturbad“ und „Haus der Vereine“ leider nicht näher treten können, wenn wir die Verschuldung in einem für uns vertretbaren Rahmen halten wollen. Das habe ich dann André Bock auf ein Gesprächsangebot seinerseits auch so signalisiert. Dies Ausdrücklich mit dem Hinweis, er möge nach anderen Mehrheiten suchen, denn nach der bis dahin erfolgten Diskussion war für mich klar, dass der Abstand zwischen uns und der CDU vom Grundansatz her wesentlich weiter auseinander lag, als die CDU mit anderen Fraktionen. Die von einer großen Mehrheit gegen uns getragenen „Baumanträge“ mögen dann hier auch als Beispiel dienen. Es war und ist unsere Überzeugung, dass politische Verhandlungen nach dem Muster „Ihr bekommt das und dafür bekommen wir das“ das Gegenteil von solider Haushaltspolitik zum Ergebnis haben.

Vor der Ratssitzung haben wir uns dann noch einmal den Stellenplan vorgenommen und zugegeben erst kurz vor der Ratssitzung einen Antrag eingereicht, wonach wir Stellenmehrungen außer im Bildungsbereich ablehnen, allerdings eine weitere Stelle für „digitale Bürgerbeteiligung“ fordern. Mit Begründungen für bzw. gegen die einzelnen Stellen.  Angekündigt hatte ich diesen Antrag bereits im Verwaltungsausschuss vor der Ratssitzung, so dass er jedenfalls nicht völlig überraschend kommen konnte. Man hält uns hierzu vor allem vor, die m.A. korrekte Formulierung des Antrages wäre zu kompliziert gewesen, erscheint mir allerdings wie eine Schutzbehauptung vor: Man kann den durchaus verstehen, man will es nur nicht.

Nun steht die Stadt also ohne Haushalt dar. Die Frage ist, ob und wenn unter welchen Bedingungen ich das Gespräch mit den anderen Fraktionen suchen soll. Die CDU als stärkste Fraktion steht hier natürlich am ehesten in der Pflicht, eine Mehrheit zu suchen – das „Finger-auf-Andere-zeigen“, das im Moment sowohl CDU als auch SPD betreiben, die mit öffentlichen Schuldzuweisungen um sich werfen, erscheint mir da wenig hilfreich zu sein.  Dass die CDU die sich kein Bein ausgerissen hat, um auf andere zuzugehen um eine Mehrheit zu finden, erscheint mir jedenfalls nicht ganz von der Hand zu weisen zu sein.

Tatsächlich dürfte es allerdings so sein, dass, egal mit wem die CDU sich auf einen Haushalt einigt, es die Stadt und folgende Generationen noch teurer zu stehen kommt als der jetzt in Rede stehende Haushalt. Ich könnte mir daher eventuell vorstellen in Verhandlungen einzusteigen, wobei allerdings für unsere Zustimmung zum Haushalt folgende Punkte nicht verhandelbar wären:

  • Keine neuen Stellen außer für Bildung und „Digitales“ wobei ich bei der konkreten Ausgestaltung des zweiten Punktes einigermaßen offen wäre
  • Kein Naturbad
  • Kein „Haus der Vereine“
  • Die „Baum-Anträge“ der CDU werden revidiert

Sinnvoll wäre aus unserer Sicht auch die endgültige Abschaffung der Hundesteuer in den Raum zu stellen, sowie endlich eine überfällige Fortschreibung des Flächennutzungsplanes. Beide Punkte hatten wir dieses Jahr gar nicht erst eingebracht, weil beides im Ergebnis Geld „kostet“ wobei eine Steuerabschaffung natürlich eine Entlastung und etwas anderes ist als Mehrausgaben und eine Flächennutzungsplan Fortschreibung schlicht notwendig, wenn auch bislang leider nicht mehrheitsfähig. Ob die oben genannten Sparmaßnahmen ausreichen um den Bürgern eine Steuererhöhung spätestens in drei bis vier Jahren zu ersparen – da bin ich mir immer noch nicht sicher, aber wenn sich die CDU mit einer anderen Fraktion einigt, wird es noch schlimmer.

 

Was meint Ihr?

 

Ich wünsche allerseits besinnliche Weihnachtstage und wenn wir uns nicht mehr sprechen einen guten Rutsch ins neue Jahr!

 

Liebe Grüße

Nino Ruschmeyer

 

Vorsitzender Gruppe FDP im Rat der Stadt Winsen (Luhe)