Sachanträge für den Stadtrat

Ich sah mich gestern mit dem Vorwurf konfrontiert, dass wir als FDP Fraktion wenige Anträge an den Rat gestellt haben in der jüngeren Vergangenheit. Uns wird dadurch auch bisweilen mal „Farblosigkeit“ vorgeworfen. Sowas trifft mich natürlich – statistisch gesehen entspricht das allerdings den Tatsachen.

Das wirft die Frage auf, woran das eigentlich liegt, dass andere immer „tolle Ideen“ für dieses und jenes haben und wir nicht. Wenn wir uns mal die Anträge anderer Fraktionen ansehen und die mit unseren aus dem letzten Jahr vergleichen, stelle ich fest, dass unsere in der Tendenz entweder kostenneutral sind (um DSL Versorgung kümmern, Markt während des Tages der Niedersachsen), oder durch Umstrukturierungen sogar Ersparnisse erreichen sollten (Ampelanlage nicht erneuern). Dazu natürlich als Dreh und Angelpunkt die Steuersenkung, die wir nicht durchbekommen haben. Anträge, die Ausgaben zur Folge haben, produzieren wir in Ausnahmefällen natürlich auch, und zwar immer dann, wenn wir das als lohnene Investition in die Zukunft unserer Stadt betrachten oder es jedenfalls nur Einmalausgaben sind die Anreize bieten und im Einzelfall gerechtfertigt sind (wie etwa die Bezuschussung pro Kopf, bei Jubiläumsveranstaltungen der Ortsteile).

Wir nehmen nämlich den Zusammenhang zwischen Einnahmen und Ausgaben war – was in der politischen Arbeit nicht immer ganz einfach ist, denn die – ich nenne sie mal „Gestaltungsanträge“ – werden vor dem Hintergrund des Haushaltes geführt aber nicht in direktem Zusammenhang zur Einnahmensituation. Wenn ich hier oder da 1.000, 2.000 oder gar 20.000 Euro, die im Haushalt stehen (oder auch nicht) nicht ausgebe, dann mache ich mich natürlich lächerlich, wenn ich sage „dafür senken wir dann Grund und Gewerbesteuer“ – die Summe macht den Kohl eben erst fett. Das gilt aber eben genauso für irgendwelche neuen Einrichtungen die entweder einmalig Geld kosten (das ist dann in der Tendenz noch okay, weil wir ja wissen wie viel Geld wir im Moment haben) oder laufende Folgekosten haben, über die man sich viel zu wenig Gedanken macht. Wenn dann irgendwann die Einnahmen hinter den Ausgaben zurückbleiben, muss man die Steuern erhöhen oder Schulden machen. Daran, dass man in der Vergangenheit hier und da Ausgaben getätigt hat, die möglicherweise „Nice to have“ sind, aber nicht unbedingt nötig getan hätten denkt dann keiner mehr. Die Haushaltslage gebietet diese Maßnahmen dann eben….

Wenn Mitglieder unserer Fraktion, oder des Ortsverbandes Ideen haben, die Geld kosten, unterziehen wir die in der Fraktion erstmal einer strengen Kosten-Nutzen-Analyse und das Meiste fällt dabei dann schon hinten runter – kommt also gar nicht erst in die städtischen Gremien.

Bei den Ideen von anderen, die verdächtig oft auf bestimmte Zielgruppen zugeschnitten zu sein scheinen, stellen andere Fraktionen erst vollmundig öffentlich Forderungen auf – und im Ergebnis bleibt dann die Arbeit der konkreten Ausgestaltung an der Stadtverwaltung hängen oder die Anträge scheitern schon von vornherein in der Diskussion im Ausschuss. Ich habe vor, später noch aus dem Jugendausschuss von gestern zu berichten und die dort auftauchenden Sachanträge anderer Fraktionen unter diesem Aspekt behandeln.

Auch unsere Pressearbeit war in der jüngeren Vergangenheit zugegebenermaßen ziemlich dünn. Da müssen wir uns verbessern und werden das auch tun. Andererseits ist es allerdings schwierig – wenn wir Pressearbeit machen und uns zu diesem oder jenem Thema äußern, könnte das vor dem Hintergrund des sogenannten „Mangels eigener Ideen“ eher als destruktive denn als produktive Arbeit rüberkommen….

3 Gedanken zu „Sachanträge für den Stadtrat

  1. Hallo Herr Ruschmeyer,

    schön dass Sie Zeit gefunden haben mal wieder etwas auf Ihren Seiten zu schreiben. Ich freue mich auf zukünftige Artikel und werde sie mit Interesse lesen.

    Bleiben Sie Ihren Prinzipien (aufmüpfig, ehrlich und loyal) treu!

    Gruß
    Wilfried Rieck

  2. Pingback: Nino Ruschmeyer » Blog-Archiv » Sozialausschusssitzung vom 17. Juni 2008

  3. Lieber Herr Rieck,

    vielen Dank für die netten Worte, ich hoffe ich werde Sie und möglichst viele interessierte Winsener nicht enttäuschen!

    Kleine Kompromisse müssen natürlich auch schlimme Prinzipienreiter wie ich mitunter machen – wenn es der Sache dient. Aber ich gebe mir jetzt und in Zukunft Mühe, das zu beherzigen!

    Gruß
    NR

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