Anfrage von Peter: Keine Diskriminierung – keine Privilegierung!

Lieber Peter,

ich bedanke mich für Ihr fortdauerndes Interesse. Um zu zeigen, dass man mir durchaus hier auch Themen vorgeben und mich befragen kann, erlaube ich mir, einen neuen Thread zu eröffnen und versuche, umfassend zu antworten.

Sie interessiert, wie ich zu den Themen Homosexualität und gleichgeschlechtliche Ehe stehe.

1. Homosexualität an sich – keine Diskriminierung!

Den Ausführungen auf der Wikipedia Seite (Link) entnehme ich, dass immer noch nicht restlos geklärt ist, was die Ursachen für Homosexualität beim modernen Menschen sind. Fakt ist aber aus meiner Sicht, dass es Homosexualität zu allen Zeiten gegeben hat und dass unsere Gesellschaft das Phänomen mittlerweile weitgehend akzeptiert hat, wie prominente homosexuelle Zeitgenossen mit ungebrochenem Zuspruch belegen.

Die sexuelle Ausrichtung spielt heute also eine bei weitem untergeordnete Rolle, und das halte ich für richtig, denn ich glaube nicht, dass sich daraus Rückschlüsse auf andere Eigenschaften ziehen lassen.

Ich vertrete weiterhin die Auffassung, dass Sexualität die höchstpersönliche Sache der jeweilig Beteiligten ist, so dass der Staat sich aus diesem Bereich soweit als möglich heraushalten sollte.

2. Zum „allgemeinen Gleichstellungsgesetz“ – keine Privilegierung!

Dieses Gesetz sei hier erwähnt, weil sich besonders Schwulen und Lesbenverbände dafür ausgesprochen haben und die „sexuelle Identität“ erstmals als gesetzlicher Tatbestand auftaucht. Das Gesetz, das eine europäische Richtlinie in nationales Recht umsetzen sollte, ist aus meiner Sicht weit über das Ziel hinausgeschossen. In Artikel 3 des Grundgesetzes gibt dem Staat seit jeher auf, wesentlich Gleiches auch gleich zu behandeln. In den allermeisten Fällen dürfte es auch tatsächlich keinen verfassungsrechlich haltbaren Grund geben, Homosexuelle anders zu behandeln als Heterosexuelle.

Das von CDU und SPD verabschiedete „allgemeine Gleichstellungsgesetz“ ist nun eine revidierte Fassung des noch unter Rot Grün entworfenen „Antidiskriminierungsgesetzes“. Wenn es nach den Grünen gegangen wäre, hätte jeder, der mit einem alten Menschen (ab wann eigentlich?), Ausländer usw. oder eben Homosexuellen einen Vertrag NICHT abschließt, beweisen müssen, dass der Grund nicht in eben dieser Eigenschaft lag. Unter dem Gesichtspunkt der von mir sehr hoch geschätzten allgemeinen Vertragsfreiheit wäre das eine Katastrophe gewesen. So wünschenswert es auch sein mag, dass niemand diskriminiert wird – so absolut abstrus ist es wenn jemand eingestellt werden MUSS, nur weil er z.B. schwul ist und der Arbeitgeber nicht nachweisen kann dass er ihn aus ganz anderen Gründen ablehnt. Das stellt aus meiner Sicht sogar eine Privilegierung da – solche Fälle dürften Vorurteile und Abneigungen gegen die Betroffenen Gruppen eher verstärken als beseitigen!

Ich bin dankbar, dass die Union den blödsinnigen Gesetzentwurf zumindest so abgeschwächt hat, dass er ausdrücklich nur für Massenverträge Geltung beanspruchen soll und der Kläger zumindest glaubhaft machen muss, dass er wegen seiner „besonderen Eigenschaft“ diskriminiert wurde. Einen – mir zu großen – Eingriff in die Vertragsfreiheit stellt das Gesetz trotzdem dar – wobei sich mit der aktuellen Bundesregierung wohl nichts daran ändern dürfte (und durch mich im Landtag leider auch nicht).

3. Zur „Homo-Ehe“

Meine Partei verfolgt hier zunächst die Anpassung des Landesrechtes an das Lebenspartnerschaftsgesetz des Bundes. Dazu streben wir in der kommenden Legislaturperiode die Verabschiedung eines entsprechenden Artikelgesetzes an. Der Landtag hat gerade auch auf Bestreben der FDP-Fraktion einen entsprechenden Auftrag an die Landesregierung bereits beschlossen und ich gehe damit konform.

Auch auf Bundesebene will die FDP die Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften mit Ehen bei der Erbschaftssteuer insbesondere hinsichtlich der Freibeträge und im Beamtenrecht wie z. B. bei der Hinterbliebenenversorgung vorrangig umzusetzen. Das halte ich auch für richtig, denn wenn ein Mann und eine Frau heiraten, kann man die Motive auch nicht durchblicken. Wenn folglich Homosexuelle aus welchen Gründen auch immer so eine Verantwortungsgemeinschaft bilden, soll der Staat sie nicht nur so behandeln wie Eheleute, wenn er an sozialer Grundsicherung sparen kann, sondern folgerichtig auch bei Pensionen und Erbteilen.

Eine eigene Initiative des Landes Niedersachsen dazu im Bundesrat dürfte bei der CDU nicht durchsetzbar sein. Eine Landesregierung mit Beteiligung der FDP könnte aber derartige Gesetzesvorhaben im Bundesrat auch nicht blockieren, da machen wir nicht mit!

Zur Frage des Ehegattensplittings vertrete ich die Auffassung, dass dieses für kinderlose Ehepaare nicht gerechtfertigt ist. Es sollte allgemein zugunsten größerer Kinderfreibeträge abgeschafft werden. Meine Meinung!

4. Adoptionsrecht?

Gegen ein Adoptionsrecht für Homosexuelle habe ich auch keine Einwände, denn die Messlatte was die Zuverlässigkeit angeht liegt in Deutschland für Adoptiveltern allgemein sehr hoch. Auch gibt es bereits jetzt „Familien“ die sich aus Partnern gleichen Geschlechts und Kindern eines Partners, die aus früherer heterosexueller Betätigung entstanden sind, zusammensetzen. Angeblich weisen diese Kinder keine spezifischen Verhaltensauffälligkeiten auf und tendieren insbesondere ihrerseits nicht überdurchschnittlich zur Homosexualität.

5. Mögliche Einwände:

Nun war dies nicht immer der Fall, bis 1969 wurden männliche Homosexuelle in der Bundesrepublik noch strafrechtlich verfolgt. Sehr interessant in diesem Zusammenhang die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes von 1957 für die Verfassungsmäßigkeit einer Strafbarkeit, die sich argumentativ erstaunlich im Kreis bewegt. Dies scheint in den Köpfen einiger Menschen nachzuwirken. Auch wird die Frage der ausbleibenden Nachkommenschaft für den Fortbestand der Gesellschaft zum Teil als negativ bewertet. Nun, mit der gleichen Argumentation (und vermutlich größerem Erfolg) könnte man die Pille verbieten. Ich denke, auch wenn sie heute öffentlich mehr wahrgenommen werden, gibt es prozentual heute unwesentlich mehr homosexuelle Menschen als früher.

So lang sollte das gar nicht werden. Ich hoffe aber, ich konnte Ihre Frage beantworten. Schönes Rest-Wochenende wünsche ich!

3 Gedanken zu „Anfrage von Peter: Keine Diskriminierung – keine Privilegierung!

  1. Ich denke, man kann politisch wenig gegen Vorurteile oder Missgunst einzelner Menschen gegenüber Homosexuellen (oder den mindestens 80 Millionen anderen Minderheiten in Deutschland) tun. Maßnahmen wie das von dir ganz richtig als eher kontraproduktiv angesehene Gesetz gegen Diskriminierung bringen da gar nichts, weil es ein rein gesellschaftliches Problem ist, wie mit Menschen spezieller sexueller Orientierung umgegangen wird.

    Das „heilsamste“ gegen solche Vorurteile sind darum gesellschaftliche Lösungen, wie zum Beispiel direkter Kontakt. Hier politisch irgendwas herbeiführen zu wollen, schafft höchstens eine gefühlte Privilegierung einzelner Gruppen. Statt für Gleichheit sorgen solche Gesetze dann für neue Ressentiments. Statt für Toleranz zu werben kommt ein „und wer setzt sich für weiße heterosexuelle Männer?“-Gefühl auf. Insofern kann ich allen deinen Positionen nur zustimmen.

    Ein paar Worte zu der von dir zitierten möglichen Gesellschaftlichen Ansicht „Auch wird die Frage der ausbleibenden Nachkommenschaft für den Fortbestand der Gesellschaft zum Teil als negativ bewertet.“ hätte ich da allerdings noch.

    Mir stellen sich bei Menschen, die mit sowas kommen, regelmäßig die Nackenhaare auf. Nicht nur, dass damit indirekt neben Homosexuellen auch kinderlose quasi durch die Blume als gesellschaftsschädigend hingestellt werden, es wird auch davon ausgegangen, dass eine Gesellschaft unbedingt forbestehen muss, selbst wenn niemand mehr freiwillig Kinder haben wollen würde und es wird so getan, als gäbe es nur eine einzige Möglichkeit, eine Gesellschaft forbestehen zu lassen und das sind Nachkommen von derzeitigen Mitgliedern der Gesellschaft.

    Ich verkneife mir an dieser Stelle mal die sich aufdrängenden Vergleiche mit historischen Begebenheiten. Wer eine solche Meinung vertritt, der scheint aber jedenfalls nicht das Wohl des einzelnen Menschen im Blick zu haben, sondern das einer wie auch immer zu definierenden Gesellschaft – was ich schonmal für einen grundfalschen Ansatz halte. Desweiteren zählt für solche Menschen der Beitrag zur „Gesellschaft“ durch von außen kommende neue Mitglieder offenbar gar nichts und das komplette Aufgehen einer Gesellschaft in einer anderen scheint ein Übel zu sein, dem es mit allen Mitteln zu begegnen gilt.

    Mit so einem Weltbild wird eine Gesellschaft letztendlich zum Selbstzweck, der Mensch und sein eigener Wille haben sich dem Gemeinwohl unterzuordnen. Ein solches Weltbild führt, konsequent zuende gedacht, direkt auf den Holzweg der Unfreiheit.

  2. „Angeblich weisen diese Kinder keine spezifischen Verhaltensauffälligkeiten auf und tendieren insbesondere ihrerseits nicht überdurchschnittlich zur Homosexualität.“

    Hast du die Folge von „queer as folk“ gesehen, als der Sohn (ich glaube er war der Leibliche eines der Männer) eines Schwulenpärchen, sein coming-out hatte: „Ich habe mich in ein Mädchen verleibt“
    Das hat die beiden geschockt, aber nicht weil sie es nicht wollten sondern nur weil sie nicht wussten wie sie damit umgehen sollten …
    Ich denke das sollte nur das umkehrte Problem darstellen …

    Ich finde auch das so manche Schwule bessere Eltern sein können als viel normale Eltern …

    Nur ich finde das sollte sich der Staat nicht einmischen …

    Ich wunder mich eh warum es Abtreibungen gibt wo es gleich zeitig lange Wartelisten mit Paaren gibt welche keine eigen Kinder bekommen können …

  3. Hallo Kolia,

    ich würde mich nun nicht unbedingt auf eine Dramedyserie berufen wollen, zu mal in diesem Fall (wie es sich anhört) ein Zitat aus dem Film „Ein Käfig voller Narren“ vorliegt. Okay also hier ist Dramaturgisch ein Klischee umgedreht worden – ob das einer sachlichen Diskussion wirklich zuträglich ist – ich habe Zweifel.

    Im Wesentlichen freue ich mich aber, dass wir uns einig sind!

    @ Jan
    Also ich finde schon, dass sich die Geschichte und die Gesellschaft auch noch nach unserer Generation weiterentwickeln sollten – daher auch die Förderung von Kindern – allerdings hauptsächlich über Freibeträge – was im System einer negativen Einkommensteuer dann ja auch für Kinder von Eltern mit geringem Einkommen gilt. Daran will ich gar nicht rütteln. Der Vorteil z.B. zum jetzigen Kindergeld ist, dass nicht Menschen Leistungen bekommen die sich gar nicht brauchen (und ja im Prinzip selber dafür zahlen). Ich schätze mal grob dass die Bürokratie im Zusammenhang mit dem Kindergeld dazu führen dürfte, dass ein Normalverdiener mit einem Kind mindestens 250 Euro dafür an Abgaben irgendwie Leisten muss hinterher 154 Euro wiederzubekommen.
    Das Prinzip rechte Tasche linke Tasche gilt für ganz viele Sachen. Gegen eine GEWISSE Umverteilung im Sozialstaat von reich an arm (oder an Förderungswürdige im Sinne einer gewollten Entwicklung) habe ich ja gar nichts – problematisch ist aber, dass das meiste der Sozialabgaben erstmal genau denjenigen weggenommen wird die es dann wieder kriegen (mit den Bürokratieverlusten dazwischen). Das ist aus meiner sicht des Pudels Kern.

Kommentare sind geschlossen.