Krude These? Verschwörungstheorie? Ich maße mir nicht an, viel Ahnung von Volkswirtschaftslehre zu haben, will aber meine Analyse, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Richtigkeit erhebt mal teilen…
Zum heutigen Finanzausschuss und für die weitere politische Diskussion in Winsen habe ich einen Antrag verfasst – will das Ganze aber nochmal in einfacheren Worten erläutern.
I. Die Ausgangssituation anhand von Computerspielen erläutert
Man mag mir vorwerfen, dass ich mit „Nordkorea-Vergleichen“ etwas über das Ziel hinausschieße, aber um es für Computerspielbegeisterte greifbar zu machen (wobei ich nicht vergesse, dass wir hier von richtigen komplexen Menschen und Schicksalen reden und solche Vergleiche immer nur begrenzt taugen):
Bislang hatten wir das System Sim City: Die (Kommunal-)politik weist Bauland, Gewerbe und Industriegebiete aus, schafft Infrastruktur und setzt Rahmenbedingungen und hofft, dass die Sims (bzw natürlich die Menschen) dann aus eigener Kraft eben Gewerbe, Industrie und Wohnungen schaffen, und dass man über Steuern und Abgaben die Infrastruktur so verbessern kann, dass es den Leuten gut geht und die Stadt sich selbst trägt, attraktiver wird und wächst.
Die geplante Kreiswohnungsbaugesellschaft geht dagegen eher Richtung „System Tropico“: Man baut Häuser „auf Staatskosten“, versucht über die Mieten, dass die sich einigermaßen tragen und kann sogar einzelne Bewohner rausschmeißen, wenn sie einem nicht passen. (Dass man bei Tropico auch Leute bestechen, sie des Landes verweisen, einsperren oder sie schlimmstenfalls erschießen lassen kann, mal außen vor). Im Kern ist das jedenfalls Staatswirtschaft – ich nenne das Sozialismus.
II. Die Diskussion im Finanzausschuss der Stadt Winsen
Dies vorweg geschickt, stand ich heute mit meinem Ansatz, dass es nicht gut sein kann, wenn die öffentliche Hand selbst baut und vermietet, mit all den Argumenten aus dem Antrag, die ich hier nicht nochmal aufzähle bis auf die „Freien Winsener“ alleine da.
Ich habe sogar nochmal darauf hingewiesen, dass die in Winsen tätige Wohnungsbaugenossenschaft in Neubauten um die 8,50 € / qm Kaltmiete nimmt, während der Kreis im Moment noch Probleme zu haben scheint, in der Kalkulation unter 9,- € zu kommen beim „bezahlbaren Wohnraum“. Als ich sagte, dass sobald wir irgendwo Bauland für Wohnungsbau ausweisen, das praktisch automatisch von Privaten entwickelt wird, hat mir auch keiner so richtig widersprochen. Ein Hauptproblem ist jedenfalls das fehlende Wohnbauland.
Die SPD schimpft zwar wie ein Haufen von Rohrspatzen auf die CDU und arbeitet da sogar mit ziemlich unfairen Mitteln, wie der Behauptung, die CDU habe bislang Wohnungsbau verhindert und man müsse ihre „Blockade brechen“ – das ist aber nur Theaterdonner. Obrigkeitsgläubig wie die Schwarzen nun mal sind, haben die genauso brav beschlossen, dass sie Lust auf die öffentliche Wohnungsbaugesellschaft des Kreises haben, wie die Roten. Man ist sich also mal wieder einig und tut, als wäre man das nicht. Typisch! Ich frag mich wer das eigentlich noch glaubt?!
Das bringt mich zu der Frage, warum jetzt eigentlich im Konsens der Großparteien dieser Systemwechsel eingeläutet werden soll und damit direkt zu der Frage, die der geneigte Leser sich sicherlich schon seit der Überschrift stellt:
III. Was hat die EZB damit zu tun?
In der Vergangenheit funktionierte öffentliche Wohnungsbauförderung vereinfacht gesprochen so: Die öffentliche Hand hat einigermaßen günstige Kredite angeboten, und wer die in Anspruch nehmen wollte hat versprechen müssen, für 20 Jahre keine höheren Mieten als Betrag x zu nehmen. Die öffentliche Hand hat dann für Geringverdiener Berechtigungssscheine ausgestellt und nur die durften da einziehen. Das lief gar nicht so schlecht – jetzt aber nicht mehr.
Dank einer irgenwie kranken – oder sagen wir vorsichtiger „antiintuitiven“ Geldpolitik, ist unser Zinssystem mittlerweile so pervers, dass praktisch nur noch Geld bekommt, wer eigentlich keins braucht und der dann auch noch praktisch keine Zinsen dafür bezahlt. Das heißt, wer genug Geld hat in Wohnungsbau zu investieren bekommt am freien Markt die Kredite so günstig, dass er völlig behämmert wäre, wenn er Förderkredite zu praktisch den gleichen Zinsen in Anspruch nehmen würde und sich gleichzeitig auf bestimmte Mieten festlegt. Das gilt leider sogar für Wohnungsbaugenossenschaften, die so gut wie keine Finanzierungsnöte kennen – die aber trotzdem wegen des in der Gesellschaftsstruktur verankerten Sozial- und Demokratiegedankens den Wohnraum bezahlbar halten.
Gleichzeitig kommen wir kaum noch an Wohnland weil das Land, das für die städtische Entwicklung wichtig wäre, oft Leuten gehört, die jedenfalls aktuell kein Geld brauchen. Dank der Niedrigzinsen wären die schön blöd, wenn Sie ihr Land ohne Not verkaufen würden – abgesehen davon, dass das Land an Grunderwerbsteuer ordentlich hinlangt, wissen die nämlich hinterher auch nicht, wo sie das Geld sinnvollerweise lassen sollten…. Die einzige Idee, die ich da hatte, wie man das entsprechende Land entwickeln könnte ist, mal zu signalisieren, dass Bauland nicht unbedingt ewig Bauland bleiben muss, wenn man ewig drauf sitzen bleibt… Besser als Enteignen oder Zwangsentwickeln ist das allemal.
IV. Ein bisschen was Versöhnliches
Richtig ist ja, dass wegen steigender Mieten Menschen mit geringem oder sogar durchschnittlichem Einkommen Probleme haben, bezahlbaren Wohnraum zu finden, was schlecht ist für die Wirtschaft – weil uns (Fach-)Arbeiter fehlen.
Die Idee der Kreiswohnungsbaugesellschaft ist nun, dass Kreis und Kommunen (die so ziemlich die billigsten Kredite bekommen, die man sich vorstellen kann) Häuser bauen, die am Markt zu vermieten sind, und solche, die Quasi als Zuschussgeschäft unter Marktpreisen vermietet werden sollen – wobei insgesamt der Gewinn aus der einen Sparte den Verlust aus der anderen ausgleicht. Das kann vielleicht sogar klappen – ich habe Tropico auch schon mal als „Kommunistenführer“ gewonnen… Die damit verbundenen Risiken habe ich in der Antragsbegründung zusammengeschrieben – vor allem glaube ich nicht, dass die Gesellschaft es wirklich durchhalten können wird, für eine ausgewogene Bewohnerstruktur zu sorgen – gerade auch, weil es ja nun mal der Kreis ist, der ansonsten durch Sozialleistungen „zu hohe Mieten“ ausgleichen muss. Da wird die Versuchung groß sein, Geld zu sparen, indem man praktisch an sich selbst günstig vermietet. Die Frage, ob jemand gern für 8,00 /qm Tür an Tür mit jemandem wohnt, der nur 5,60 € zahlt oder gezahlt bekommt, kann man sich auch stellen. Ob eine alleinerziehende Mutter, die jetzt vielleicht in einer Einliegerwohnung auf dem Dorf für 7,- € /qm mit Hilfe lebt, besser dran ist, wenn man sie in eine günstigere neue Wohnung komplimentiert, weil das den Kreis billger kommt, darf man wohl auch bezweifeln.
Für mich – und da mag man mir Ideologie vorwerfen, ist es sowieso problematisch, wenn die Regelmacher und Schiedsrichter am Spiel teilnehmen. Wo ist denn noch fairer Wettbewerb, wenn derjenige, der das Bauland „macht“ es sich gleich (am besten noch vorher) selbst unter den Nagel reißen, sich dann auch noch selbst die benötigten konkreten Genehmigungen erteilen und schließlich praktisch „an sich selbst“ vermieten kann? Wenn wir als Stadt plötzlich, nur weil die Gesellschaft „uns“ gehört Raum für Wohnungsbau „finden“ würden, wäre das an sich schon ein Zeichen dafür, dass wir vorher irgendwas falsch gemacht haben.
FAZIT: Ich halte die Kreiswohnungsbaugesellschaft so wie sie geplant ist für falsch und glaube, dass man im Zweifel und im richtigen Leben immer auf die Eigenintitiative von Menschen setzen sollte, und dass man – wenn das System schon völlig schief läuft, dies nicht kompensieren sollte, indem man sozialistische Experimente macht. Genossenschaften zu gewinnen, die hier unter demokratischer Beteiligung Ihrer Mitglieder und damit der Bewohner der hoffentlich vielen neuen Wohnhäuser auf hoffentlich zur Verfügung stehendem Grund und Boden bezahlbaren Wohnraum schaffen und alles zu tun, um sie dabei zu unterstützen, erscheint mir um so vieles besser.