Gefühlte Spießigkeit

Heute wurde im Rat tatsächlich der Grundsatzbeschluss gefasst, einen „freiwilligen Ordnungs- und Streifendienst“(FOSD) einzurichten.
Verbrochen hat das die CDU wie von Jan und mir befürchtet mit Hilfe der Freien Winsener, die leider umgekehrt nicht beleidigt abgelehnt haben, weil der Antrag nicht von ihnen kam wie 2007 die Christdemokraten. Konnte ja leider nicht ewig gut gehen.

Ich habe an damals angeknüpft:

Herr Vorsitzender, Frau Bürgermeisterin, meine Damen und Herren!

Ich habe bereits anlässlich einer Ratssitzung am 17.12.2007, als die Freien
Winsener mit derselben Schnapsidee kamen, in dieser Sache gesprochen.

Damals habe ich mich für die FDP Fraktion deutlich und endgültig gegen die
Einführung einer Bürgerstreife, oder wie immer man so ein Modell nennen
will, ausgesprochen. Die CDU hat sich damals nicht entblödet zu erklären,
sie mache nur nicht mit, weil es schlecht kopiert sei.

Grundsätzlich sind wir freien Demokraten ja nicht eben bekannt dafür, dass
wir etwas gegen private Initiativen hätten. Wir treten selbstverständlich
dafür ein, dass sich der Staat auf seine zentralen Aufgaben beschränkt.

Diese Aufgaben muss er aber auch erfüllen, und er muss sie SELBST erfüllen.

Die öffentliche Sicherheit und Ordnung aufrecht zu erhalten ist nun DIE
ZENTRALE STAATSAUFGABE überhaupt. Hier steht der Staat, hier steht die
Stadt, aber vor allem das Land Niedersachsen in der Pflicht.

Ich verstehe Herrn Schünemann oftmals nicht, aber besonders seltsam ist es,
wenn er einerseits, aus meiner Sicht zutreffend sagt, dass das Land seine
Aufgaben erfüllt und andererseits die mit den Erfüllungsgehilfen der
örtlichen CDU quasi durch die Hintertür versucht, sich seiner Aufgaben über
solche Freiwilligen Sicherheits und Ordnungsdienste zu entledigen. Mein
Innenminister ist das schon lange nicht mehr!

Es bleibt dabei: Die innere Sicherheit gehört in die Hand von Profis und die
müssen personell wie vom Einsatzmaterial her so ausgestattet werden, dass
sie ihre Aufgaben auch wahrnehmen können!

Naja.. Jetzt kann die CDU natürlich sagen, der FOSD soll ja auch gerade
keine besonderen Befugnisse haben. Darin liegt wohl auch der Unterschied zum
damaligen Vorschlag der freien Winsener, wenn ich das richtig in Erinnerung
habe.

Ein FOSD-Mensch soll also genau dieselben Rechte haben, die jedem einzelnen
Bürger aufgrund der Rechtsordnung ohnehin zustehen. Das einzige was einem
solchen Verein eine Art Pseudo-Authorität verleiht sind Uniform, Handy und
Trillerpfeife plus Aufwandsentschädigung aus der Stadtkasse. Der Hauptmann
von Köpenick lässt grüßen! Gottseidank macht heute die Uniform nicht mehr
den Menschen – aber wenn die Polizei schon Probleme hat sich Respekt zu
verschaffen – wie sollen das dann Uniformierte mit Jedermannrechten tun?
Sind das dann nicht letztlich nur städtisch autorisierte Denunzianten?

Die Maßnahme ist also nicht einmal geeignet, die objektive Sicherheitslage
zu verbessern. Schünemann argumentiert gerne mit der „gefühlten Sicherheit“
Was er meint scheint eher „gefühlte Spießigkeit“ zu sein.

2007 habe ich ein paar Lacher geerntet als ich verkündet habe, was bei
solchen Projekten in Wirklichkeit rauskommt. Ich habe gesagt bei den
„aufgedeckten Straftaten“ handelte es sich fast ausschließlich um
„Buschpinkler“ und unangeleinte Hunde in den Parkflächen – und im Übrigen
würde man in der Fußgängerzone Omas vom Rad scheuchen.

Ich zitiere mal von der Website der CDU in Winsen, wo sie freundlicherweise
einen Presseartikel über den FOSD in Stade zur Verfügung stellt:

„Inzwischen ist es schon so, dass in der Fußgängerzone radelnde Menschen
absteigen, wenn sie uns sehen“, sagt Hans-Peter Lober (68). Und Horst Bründer (66)
ergänzt: „Wir müssen sie gar nicht mehr darauf aufmerksam machen, dass in der
Fußgängerzone radeln verboten ist“.

Die Stadtverwaltung teilt in Ihrer Vorlage dann auch freundlicherweise mit,
wie es denn in Winsen aussieht mit den Ordnungswidrigkeiten, die der FOSD
möglicherweise verhindern könnte:

in 1 ½ Jahren

17 Lärmverstöße, einmal Verunreinigung durch Hundekot und 37 Grob
ungehörige Handlungen(oftmals man merke auf: Urinieren in der
Öffentlichkeit oder respektloses Verhalten gegenüber den eingesetzten
Polizeibeamten).

Wie viel Respekt haben denn Eure uniformierten Bürger zu erwarten?

Liebe Freunde – wenn ihr dafür einmalig 50.000 Euro Steuergelder und dann
jedes Jahr 20.000 für „gefühlte Spießigkeit“ ausgeben wollt, dann seit doch
so ehrlich und sagt das auch. Ansonsten stimmt gegen diesen Antrag!

Hab sogar Beifall von augenscheinlich Links angehauchten Jugendlichen bekommen und ein Lob vom Ratsvorsitzenden.. Ging runter wie Öl – half nur leider nichts.